Anstatt das 1919 in Weimar gegründete Bauhaus in den internationalen Kontext der Reformbemühungen und revolutionären Umbrüche des frühen 20. Jahrhunderts einzubetten, wird es noch immer schlechthin mit der ästhetischen Kultur der Moderne identifiziert, woraufhin Konservative bis Rechtsradikale gern den Vorwurf erheben, das Bauhaus habe der Moderne die ästhetische Signatur einer globalen Heimatlosigkeit gegeben. So brachte im letzten Herbst die AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt einen Antrag mit dem Titel »Irrweg der Moderne – für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Bauhaus« ein, der die einhellige Ablehnung aller anderen Fraktionen fand.
Anlass waren die bevorstehenden Jubiläen des Umzugs des Bauhaus nach Dessau 1925 sowie der Eröffnung des Bauhausgebäudes und der Übergabe der Meisterhäuser 1926. Aus Weimar war das Bauhaus zuvor von einer Rechtskoalition im Thüringer Landtag vertrieben worden. Zwischen 1925 und 1932 erlebte es in Dessau seine Blütezeit, bis es von den im Freistaat Anhalt an die Macht gelangten Nationalsozialisten geschlossen wurde. Das als private Schule weitergeführte Bauhaus in Berlin wurde dann dort 1933 ebenfalls verboten. Im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, wurde das Bauhausgebäude in Dessau 1976 von der DDR weitgehend denkmalgerecht saniert und schließlich bis 2006 unter Einbeziehung der Meisterhäuser erneut restauriert.
Die pauschalisierende Argumentation der AfD, der »Bauhaus-Stil« sei unpersönlich, kalt und abweisend, seine »universelle Ästhetik« widerspräche Traditionen und regionalen Eigenheiten, das Bauhaus sei eine Quelle des monotonen globalen »Einheitsbreis« und habe seine Verwirklichung im sozialen Wohnungsbau der Nachkriegszeit gefunden, wiesen die anderen Abgeordneten zurück. Sie betonten, dass das Bauhaus in der Tradition von Handwerk und Bauhütten gründete und eine neue Verbindung von Handwerk, Technik und Kunst anstrebte. Einen einheitlichen »Bauhaus-Stil« habe es außerdem gar nicht gegeben und für den Massenwohnungsbau der Nachkriegsjahre sei das Bauhaus nicht verantwortlich. Zu Recht wurde parteiübergreifend kritisiert, dass der AfD-Antrag die völkischen Argumente der Konservativen, Rechtsnationalen und Nationalsozialisten jener Zeit fortschreibe. Mit der Beschwörung des »Heimatstils«, der eine Architektur »um 1800« als Vorbild für heutiges Bauen pries, deklarierte der AfD-Abgeordnete Hans-Thomas Tillschneider letztlich die Unvereinbarkeit von Konservatismus und Moderne.
Aus dem Blick geraten ist indessen, dass seinerzeit schon der zweite Bauhaus-Direktor Hannes Meyer den »Bauhaus-Stil« kritisierte: «wir suchen keinen bauhausstil und keine bauhausmode. keine modisch-flache flächenornamentik horizontal-vertikal geteilt und neoplastisch aufgepäppelt. wir suchen keine geometrischen oder stereometrischen gebilde, lebensfremd und funktionsfeindlich.»
Mit Hannes Meyer wies das Bauhaus über sich selbst hinaus – durch Kritik an der zeitgenössischen reaktionären Ästhetik, dem Studium regionaler Traditionen und experimentellen Praktiken für «volksbedarf statt luxusbedarf». In seinem sowjetischen Umfeld gab es eine elaborierte Faschismuskritik, die ihrer Aufarbeitung noch harrt.